Die Gedenksteine

Zu beiden Seiten der Christusstatue ließ Wilhelm Maucher zu Weihnachten 1955 Gedenksteine aufstellen, in die er die folgenden Texte hatte einmeißeln lassen:

  • „Das wahre Recht / richtet ganz anders / als alle Menschen. / Darum richtet nicht!“
  • „Denn aller Menschen Urteil / ist irrig und böse“

Während die beiden Gedenksteine bis heute die Christusstatue flankieren, wurde ein Schaukasten mit zwei von Maucher am 25. Dezember 1955 verfassten Texten mehr als 50 Jahre später entfernt. Dank eines Fotos ist der Wortlaut überliefert:

Hinweistafel

Hinweistafel. Foto: Robert Metternich

Diese Christusstatue
wurde errichtet im Jahre 1945 zum Dank für die Errettung aus den großen Kriegsnöten. Sie wurde am ersten Sonntag im Oktober 1945 vom hochwürdigen Herrn Dr. Daniels aus dem Priesterseminar in Bonn, unter Beisein von 50 – 60 Freunden und Bekannten unserer Familie, feierlichste gesegnet und eingeweiht. Die Einweihungsworte waren die, wenn wieder christliche Zeichen im öffentlichen Leben entstehen, statt heidnische gottlose Propaganda, wird es wieder eine bessere Zukunft für alle Völker und Rassen geben. Die unglücklichen Zeiten, die wir erlebten, sind die Folgen vom Abfall der Völker von Christus und seinen Geboten. In diesem Sinne soll diese Christusstatue alle Besucher mahnen und lehren. Sie wurde gerade an dieser Stelle errichtet, weil es nach einer Legende an diesem Ort „Am Heiligen Grab“ heißen soll, wie uns der Gemeindeförster Wilhelm Hennes aus Olsdorf bei Alfter erzählt hat und hier zur öffentlichen Kenntnis eine Abschrift gebracht wird.

Das heilige Grab
Um alle Sagen resp. Legenden der Nachwelt zu erhalten, möchte ich die Sage vom sogenannten Hl. Grab, gelegen in meinem früheren Dienst-Bezirk der Gemarkung Alfter, den Bewohnern von Alfter und Umgegend mitteilen: Das Hl. Grab ist heute Eigentum des Gärtners Wilhelm Maucher unter Flur 40, Parzellennummer 20 – 22 und liegt etwa 200 m von der Restauration Buchholz in östlicher Richtung sowie etwa 150 m von dem Breniger Pfad in westlicher Richtung welcher die Dörfer Alfter und Brenig verbindet. Der Pfad verläuft über den Höhenrücken oberhalb des Dorfes Roisdorf und waren ebenda noch viele Hünengräber zu sehen. Die Hügel der Gräber sind heute durch die Rodung des Waldes leider verschwunden. Das Hl. Grab, hart an der Gemarkungsgrenze Alfter-Roisdorf gelegen, hatte eine Länge von etwa 10 m und Tiefe und Breite von etwa 1½ m und ist auch leider durch das Roden eingeebnet. Doch war es noch gut erkennbar, daß dieses durch Menschenhand, vielleicht vor hunderten von Jahren ausgehoben war.

Der Vater des Wilhelm Maucher hat nun zur besseren Kennzeichnung des Hl. Grabes einige Meter seitwärts, auf der Parzelle Nr. 16 drei Kiefernbäume nicht gefällt.

Es würde mich freuen, wenn im Sinne der Überlieferung hier etwas Passendes geschaffen würde. Auch hat man von dem Hl. Grabe einen schönen Weitblick gegen Osten.

Mein Vater Josef Hennes, geboren am 26.4.1830, gestorben am 30.5.1908, war Gemeindeförster von Alfter und ich, heute 78 Jahre alt, dessen Nachfolger im Gemeindedienste bis 1930 folglich war das Hl. Grab mir wohl bekannt.

Bei einem Besuche des Nachbarförsters von Roisdorf, Bungartz mit Namen, einem 75-80 Jahre alten Mannes, war ich als kleiner Junge nun Ohrenzeuge folgender Erzählung.

Die Sage wäre nun die, so erzählte Bungartz: Ein Einwohner von Roisdorf hätte sich einer schweren Sünde schuldig gemacht, ob Mord oder Totschlag oder einer anderen Sünde war ihm nicht bekannt und nun zur Sühne hatte er das Gelübde gemacht, zum Hl. Grabe nach Jerusalem zu pilgern um Verzeihung zu erlangen. Immer aufgeschoben und immer älter werdend habe dieser die begangene Sünde seinem Beichtvater gebeichtet und letzterer ihn von dem Gelübde entbunden unter folgender Sühne: Er möchte sich im Walde ein nach Osten gerichtetes Grab auswerfen und dort täglich bis zu seinem Lebensende gewisse Gebete verrichten, welches dieser auch gewissenhaft ausführte. Nun hätten viele Einwohner von Roisdorf, welchen die fortwährenden täglichen Gänge des Mannes auffielen, diesem nachgespürt und ihn in dem Grabe betend vorgefunden. Nun habe diese Sühne auch die Leute angesteckt und sie hätten den Sünder oft zu dem Grabe begleitet und gemeinschaftlich mitgebetet. Jedoch sei dieser Bußgang im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten und folglich ganz aufgehört.

Soweit Herr Bungartz. Habe die Aufzeichnung dem Herrn Wilhelm Maucher in Freundschaft übereignet mit der Bitte, die besagte Stelle wie schon erwähnt, im Sinne der Sage würdig zu kennzeichnen.

Olsdorf, Weihnachten 1936.

Nacherzählt von Wilhelm Hense, Gemeindeförster a.D.
in Olsdorf bei Alfter.

Hinweistafel

Hinweistafel. Foto: Robert Metternich

Diese zwei Gendenksteine
wurden zu Weihnachten 1955 errichtet und der Mahnspruch: Gott richtet ganz anders, als alle Menschen usw. vom derzeitigen Besitzer Wilhelm Maucher in diese Steine einmeißeln lassen. Diese Worte sollen die Menschen, welche über ihre Mitmenschen so gerne richten und urteilen, zur Besinnung bringen, daß dadurch schon soviel Leid, Unrecht und Streit über die Menschheit gekommen ist. Diese Pharisäer sehen jeden Fehler ihrer Mitmenschen, nur die eigenen sehen sie nicht. Die Tatsache, daß alle Menschen verschieden erschaffen sind, einjeder mit anderen Eigenschaften, Fähigkeiten und Auffassungen, läßt diese Pharisäer zu der Überheblichkeit kommen, daß sie selber nur gut und alle anderen Mitmenschen nicht so gut oder gar böse sind und wollen sie diese richten und verurteilen. Sie wissen nicht, daß geschrieben steht: Mein ist die Rache und das Gericht! Und richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Wieviel Leid seit Bestehen der Menschheit an Millionen Verurteilter und deren Familien durch Verurteilen angerichtet wurde, beweisen die Konzentrationsläger, die in Gefangenschaft verschleppten, die aus politischen und religiösen Gründen bestraften, gemarterten und gelynchten Opfer aller Zeiten. Nicht der gerechteste und klügste Richter, welcher nach bestem Wissen verurteilen und richten will, ist in der Lage ein wirklich gerechtes und wahres Urteil zu fällen, weil er ja nicht allwissend ist und weil er die geheimen Kräfte und Vorgänge, welche sich in jedem Menschenhirn abwickeln, bei dessen unendlicher Vielseitigkeit weder erkennen, durchleuchten noch begreifen kann und deshalb bleibt selbst das beste Urteil irrig und ungerecht und ist die Menschheit seit ihrem Bestehen, durch Verurteilen weder gebessert noch geändert worden und müssen und können andere Mittel angewandt werden, um dieses Ziel zu erreichen, damit die Rechtsprecher nicht immer wieder selbst zu Rechtsverbrecher werden.

Alfter, den 25. Dezember 1955

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Heimatfreunde Roisdorf e.V.

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