Als zeitlebens gläubiger Christ, und in seiner Jugend im Alfterer Pfarrleben aktiv, rieb sich Maucher doch stets an der katholischen Kirche, die ihm angesichts des Leidens auf Erden die Lehre Christi nicht konsequent genug zu verwirklichen schien. Den bedeutendsten Ausdruck seines Glaubens stellt die Statue dar, die er bereits unmittelbar nach Kriegsende 1945 aufstellen ließ, den „Segnenden Christus“, der, wenn auch etwas versetzt gelegen, heute den Schluss- und Zielpunkt des Friedenswegs bildet.
Eine dort angebrachte Tafel schildert ausführlich Umstände und Motivation der Aufstellung: „Diese Christusstatue wurde errichtet im Jahre 1945 zum Dank für Errettung aus den großen Kriegsnöten. Sie wurde am ersten Sonntag im Oktober 1945 vom hochwürdigen Herrn Dr. Daniels aus dem Priesterseminar in Bonn unter Beisein von 50-60 Freunden und Bekannten unserer Familie feierlichst gesegnet und eingeweiht. Die Einweihungsworte waren die, wenn wieder christliche Zeichen im öffentlichen Leben entstehen, statt heidnische gottlose Propaganda, wird es wieder eine bessere Zukunft für alle Völker und Rassen geben. Die unglücklichen Zeiten, die wir erlebten, sind die Folgen vom Abfall der Völker von Christus und seinen Geboten. In diesem Sinne soll diese Christusstatue alle Besucher mahnen und lehren.“
Dass die Einweihung durch einen Bonner Geistlichen, den ihm der Roisdorfer Pastor Matthias Ossenbrink vermittelt hatte, und nicht durch den eigentlich zuständigen Alfterer Dechant Wilhelm Bergené vorgenommen wurde, erklärt sich aus dem notorisch gespannten Verhältnis Mauchers zu seinem gestrengen Pfarrer.
Für die Ausführung der Statue, die an die berühmte Christus-Statue von Rio de Janeiro erinnert, hatte Maucher den in Bonn-Poppelsdorf wirkenden und weithin bekannten Bildhauer Jakobus Linden (+1950) gewinnen können, von dem heute noch eine Reihe von bemerkenswerten Arbeiten in der Region zu sehen sind – wie etwa das in der Bonner Gangolfstraße aufgestellte „Mädchen mit Schale“. Jakobus Linden und seiner Frau, der Zahnärztin Senta Linden, die als „Halbjüdin“ in Alfter die Nazizeit überlebte, war Maucher freundschaftlich verbunden. Übrigens sollte Linden wenig später auch mit der Anfertigung der Stationen des den Roisdorfer Lindenberg hinaufführenden Kreuzwegs beauftragt werden, der wie der Alfterer Christus als Dank für die Errettung aus Kriegsnöten gestiftet wurde.
Für die Wahl des Standorts auf dem Maucher gehörenden Grundstück war keineswegs allein die exponierte Lage entscheidend, auch wenn von dort aus Christus gleichsam segnend seine Arme über Alfter ausbreitet. Wie Maucher auf der Tafel erläutert, war ihm vor allem die Tradition des Ortes wichtig: „Sie (die Statue) wurde gerade an dieser Stätte errichtet, weil es nach einer Legende an diesem Ort „Am heilige Grab“ heißen soll, wie uns der Gemeindeförster Wilhelm Hennes aus Olsdorf bei Alfter erzählt hat …“
Das „Heiliges Grab“ aber bezeichnete man einen ca. 10 m langen und 1 ½ m breiten bronzezeitlichen Grabhügel auf der Grenze zwischen Roisdorf und Alfter. Wie die zahlreichen weiteren auf der Höhe über dem mittelalterlichen Pilgerweg „Blutpfad“ oder „Jungfernpfad“ gelegenen Hügel war er mittlerweile durch roden und beackern eingeebnet worden, doch hatte ihn Wilhelm Mauchers Vater mit Kiefernbäumen gekennzeichnet. Maucher gibt auf der Tafel hierzu einen Text wieder, der ihm bereits 1936 von Gemeindeförster Hennes überreicht worden war, „mit der Bitte, die besagte Stelle im Sinne der Sage würdig zu kennzeichnen“.
Die Sage, die Hennes in seiner Kindheit von dem Roisdorfer Gemeindeförster Bungarz erfahren hatte, lautete wie folgt: „Ein Einwohner von Roisdorf hätte sich einer schweren Sünde schuldig gemacht, ob Mord oder Totschlag oder einer andern Sünde war ihm nicht bekannt und nun zur Sühne hatte er das Gelübde gemacht, zum Hl. Grabe nach Jerusalem zu pilgern um Verzeihung zu erlangen. Immer aufgeschoben und immer älter werdend habe diese die begangene Sünde seinem Beichtvater gebeichtet und letzterer ihm von dem Gelübde entbunden unter folgender Sühne: Er möchte sich im Wald ein nach Osten gerichtetes Grab auswerfen und dort täglich bis zu seinem Lebensende gewisse Gebete verrichten, welches dieser auch gewissenhaft ausführte. Nun hätten viele Einwohner von Roisdorf, welchem die fortwährenden täglichen Gänge des Mannes auffielen, diesen nachgespürt und ihn in dem Grabe betend vorgefunden. Nun habe diese Sühne auch die Leute angesteckt und sie hätten den Sünder oft zum Grabe begleitet und gemeinschaftlich mitgebetet. Jedoch ist dieser Bußgang im Laufe der Jahrhunderte in Vergessenheit geraten und folglich ganz aufgehört.“
Maucher ergänzte die Christus-Statue am „Heiligen Grab“ später durch zwei Inschriftsteine, die rechts und links von der Statue zu sehen sind. „Das wahre Recht richtet ganz anders als alle Menschen. Darum richtet nicht!“ und „Denn aller Menschen Urteil ist irrig oder böse.“ Auch hierzu findet sich eine erläuternde Tafel: „Diese zwei Gedenksteine wurden zu Weihnachten 1956 errichtet und der Mahnspruch: Gott richtet ganz anders als alle Menschen usw. vom derzeitigen Besitzer Wilhelm Maucher in diese Steine einmeißeln lassen. Diese Worte sollen die Menschen, welche über ihre Mitmenschen so gerne richten und urteilen, zur Besinnung bringen, dass dadurch schon soviel Leid, Unrecht und Streit über die Menschheit gekommen ist…“
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Heimatfreunde Roisdorf e.V.
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